Pfadfinderheim "Les Aigles"
Die Pfadfinder der "Les Aigles" im Luxemburgischen Rollingergrund fühlten sich schon immer im Wald zuhause. Mit ihrem neuen Stützpunkt aus Holz sind sie nun auch tatsächlich im Wald zuhause!
Es liegt nahe, ein Pfadfinderheim mitten im Wald zu bauen, ist doch der Wald seit der Gründung der Pfadfinderbewegung ihr wichtigstes Terrain.
Folgerichtig sollte für die luxemburgische Pfadfindergruppe "LES AIGLES" ihr neues Heim auch mitten in der Natur errichtet werden. Zur Verfügung stand hierfür ein bewaldeter Abhang über dem Stadtteil Rollingergrund in Luxemburg. Allerdings ist dies ein nicht gerade unproblematischer Baugrund, der hohe Ansprüche an die Planung und Konstruktion eines Gebäudes an dieser Stelle mit sich brachte.
Andererseits bot der Standort auch Vorteile, so stand hier eine natürliche Geländeterrasse zur Verfügung, so dass keinerlei Eingriffe in die natürliche Böschung notwendig waren.
Von Anfang an klar war, dass das neue Heim der "Adler" ein Holzhaus sein sollte, hohen ökologischen Maßstäben genügen müsse und sich optisch nahtlos in die umgebende Natur einpassen sollte. Dabei musste jedoch auch der Platzbedarf gedeckt werden — gefordert waren mehrere Versammlungs- und Gruppenräume, aber auch ein großer Versammlungsplatz.
Die Lösung bestand in einem Holzbau, bei dem eine innere Struktur aus Leimbindern die Druck- und Zugkräfte aufnehmen, die aus den topographischen Bedingungen des bewaldeten Hanges resultieren. Sie sind das statische Herz der beiden unteren Etagen des dreigeschossigen Neubaus.
Optisch und funktional besonders interessant macht das Gebäude ein gegenüber den unteren Etagen "verschobenes" drittes Geschoss: Dieses tritt sozusagen "zur Seite", um auf dem Dach des zweiten Geschosses den geforderten offenen Platz für Versammlungen herzustellen.
Gleichzeitig bildet das Obergeschoss so eine Überdachung über der Terrasse des größten, geschlossenen Versammlungsraums im Untergeschoss. Dadurch verfügen "Les Aigles" nun sogar über zwei offene Räume in der Natur: einer ganz oben unter freiem Himmel und einer ganz unten zwischen den Bäumen und dabei etwas wettergeschützt durch die Überdachung.
Diese ist starke sechs Meter tief, was entsprechend die Statik des Obergeschosses herausfordert. Umso eleganter ist es, dass die durch die sechs Meter tiefe Auskragung wirkenden Kräfte allein über die geschosshohen Fachwerkträger der dritten Etage abgeleitet werden konnten. Dieser statische Kniff zeigt sich in den offen liegenden und in das Auge fallenden schrägen Fachwerkträgern, die — wie wie auch alle anderen Pfeiler und Träger im gesamten Gebäude — offen sichtbar gehalten wurden.
Bleibt die Forderung nach einer natürlichen Optik: Hierfür wurde für die Außenhaut des neuen Heimes eine einfache, vertikal gesprengte Holzschalung aus heimischer Lärche gewählt, die durch flächige Sperrholz-Klappläden aufgelockert wird. Das Holz wird im Laufe der Zeit verwittern und nachdunkeln, so dass sich das Gebäude immer harmonischer in die bewaldete Umgebung einpassen wird. Schließlich soll das Pfadfinderheim in dieser fast unberührten Umgebung keinen Fremdkörper bilden, sondern mit der Natur verschmelzen.
Die "Las Aigles"-Pfadfinder haben somit für die Betreuung ihrer jugendlichen Mitglieder und für Versammlungen im engen Freundeskreis eine Unterkunft bekommen, die nicht nur naturnah und architektonisch gelungen ist, sondern auch funktional überzeugt — und in dem die "Adler" sich wie ihr Wappentier mit Blick über die Baumgipfel versammeln können.
Der Jury des Holzbaupreises Eifel 2016 sprach dem Bau konsequenterweise eine Anerkennung aus.
Fotos: boshua photographe Bohumil Kostohryz; Skizzen: michelpetitarchitecte